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Schaubild, um 19256
Fa. Garbe, Lahmeyer & Co., Aachen, Jülicher Str. 19
Geschichte
Angeregt durch die spektakulären Erfolge und Ereignisse in der
Nutzung von Strom zur Erzeugung von Licht und Antriebsenergie gab es in
den 1880er Jahren in Deutschland die Gründung gleich mehrerer
Unternehmen zur Produktion der technischen Geräte und Maschinen des
Stromzeitalters. Auf einen bereits jahrzehntelangen Erfolg in dieser
jungen Industriebranche konnte Werner von Siemens zurückblicken, der
schon 1847 ein florierendes Geschäft mit telegraphischen Anlagen
betrieb. Besonders beeinflusst durch die von Edison und seinen
Erfindungen geprägte "Elektrotechnische Ausstellung" in Paris 1881,
entstand 1883 durch Emil Rathenau in Berlin die "Deutsche Edison
Gesellschaft", aus der 1887 die AEG wurde. In diesen zeitlichen und
industriegeschichtlichen Kontext ist 1886 die Entstehung der Firma
Garbe, Lahmeyer & Co. in Aachen zu sehen.
Der Ingenieur Wilhelm Lahmeyer schuf mit seinen patentierten
Erfindungen einer verbesserten Bogenlampe und einer als Lahmeyer-Type in
die Geschichte der angewandten Elektrizität eingehenden Dynamomaschine
in technischer Hinsicht die Basis für den Erfolg des Unternehmens. Ihm
stand mit Heinrich Garbe ein Kaufmann für die wirtschaftlichen Belange
zur Seite. Der Betrieb begann in einem kleinen gemieteten Shedbau am
Pontdriesch mit 25 Arbeitern.
Zwei Jahre später traten 1888 die Aachener Industriellen
Talbot, Piedboef, Pastor und Justizrat Springsfeld als Kommanditisten in
das Unternehmen ein. Wilhelm Lahmeyer trennte sich 1890 von seiner
Aachener Gründung und baute in Frankfurt a. M. ein neues Werk auf, das
ebenfalls seinen Namen trug. Das Aachener Unternehmen wurde 1899 in
eine Aktiengesellschaft umgewandelt für das Garbe selbst und die
anderen Kommanditisten das Stammkapital in Höhe von 3,0 Mio Goldmark
zeichneten. Vorsitzender des Aufsichtsrates wurde Gustav Talbot.
In dieser Zeit um die Jahrhundertwende führte die harte
Konkurrenz im Kraftwerksbau zu einem Verdrängungswettbewerb in der
Elektroindustrie. Nur die großen Firmen konnten überleben. Siemens &
Halske und AEG entwickelten sich mit einem Anteil von 75 % zu den
Marktführern. Die Firma Garbe, Lahmeyer & Co. musste sich
zwangsläufig, um konkurrenzfähig zu bleiben zu einem Großbetrieb
entwickeln und verhinderte gleichzeitig durch ihre Größe die Entstehung
zahlreicher Kleinbetriebe in dieser Branche in Aachen und Umgebung.
Die Traditionslosigkeit der Branche schuf eine Struktur, die sich an
den Wirtschaftsverhältnissen der Moderne orientierte und die sich für
andere Branchen erst nach teils langwierigen Konzentrationsprozessen
durchsetzte.
Der Übergang zum Großbetrieb war für Garbe, Lahmeyer & Co.
schon 1895 durch die Entscheidung zum Bau einer neuen Fabrik
vorgezeichnet. 1899, also gleichzeitig mit Umgründung des Unternehmens
in eine Aktiengesellschaft wurden die ersten Bauanträge für das
Grundstück an der Jülicher Straße gestellt. Es entstanden eine große
Montagehalle, Verwaltungs- und Sozialgebäude. Die Stromerzeugung
erfolgte auf dem eigenen Gelände mit einem Kraftwerk direkt an der
Montagehalle. Produziert wurden vor dem Ersten Weltkrieg
Drehstrommotoren, zahllose Gleichstrommaschinen für Schiffe und
U-Boote, immer größere Generatoren und Transformatoren. Die erste
überhaupt in Deutschland gefertigte Hauptantriebsmaschine für ein
U-Boot entstand bei Garbe, Lahmeyer & Co. Einer der U-Boot Motoren
gehört heute zu den Sammlungen des Deutschen Museums in München.
Lageplan. Im Zentrum die große Montagehalle. Darunter der Werkstattbau-Nord, Darüber Werkstattbau-Süd und das Sozialgebäude. Zur Straße orientiert mit Vorplatz die Verwaltung
1910/11 wurde die Fabrik kräftig erweitert durch die
Werkstattbauten Nord und Süd. Seit den 1920er Jahren wurden Motoren für
Krupp-Rangierlokomotiven gebaut. 1925 fuhr die erste Abraumlok mit
Garbe-Lahmeyer-Krupp Motor im rheinischen Braunkohlenrevier. Nach 1933
wurden auch Werkzeugmaschinenantriebe und Motoren zur Ausstattung der
Hydrierwerke gebaut. Für die immer größer werdenden Transformatoren
musste die Montagehalle 1938 - 40 erweitert werden. Da ohne diese
Großmaschinen die kriegswichtigen Hydrieranlagen auf Stein- und
Braunkohlebasis nicht hätten gebaut werden können, wurde die
Werkserweiterung in die Dringlichkeitsstufe 1 der Organisation Todt
aufgenommen. In diese Bauphase gehört auch die Aufstockung und
Fassadenverblendung des Verwaltungsgebäudes. Der Beirat für Bauwesen
hatte den ersten Entwurf des Architekten Willy Romme im Hinblick auf
die städtebaulich wichtige Lage des Verwaltungsbaus nahe der
zukünftigen Auffahrt zur Reichsautobahn abgelehnt und war auch mit dem
zweiten Entwurf noch unzufrieden. Die Genehmigung erfolgte dennoch,
nachdem sich der Oberbürgermeister persönlich gegen kostensteigende
Gestaltungsauflagen ausgesprochen hatte.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion seit 1940 teilweise
und dann in immer stärkerem Maße nach Düsseldorf-Benrath ausgelagert.
Nach Kriegszerstörungen folgte seit 1945 der Wiederaufbau mit einer
ersten Erweiterung des Werkstattbaus-Süd (Krantzstr.) 1950 und einer
zweiten Erweiterung mit Aufstockung 1960/61. Mitte der 1990er Jahre
wurde die Produktion eingestellt.
Von der Fabrikanlage sind in bemerkenswertem Umfang historische Bauten erhalten geblieben:
Montagehalle, 1899 (Arch. Flocke) 1920/1938-40
Zentrale Produktionsanlage des Unternehmens war seit den
Anfängen am neuen Standort die tief in das Grundstück mit einer Länge
von anfangs 110 m hineinragende Montagehalle. Die Backsteinhalle ist
dreischiffig ausgebildet mit gestreckt-basikalem Querschnitt. Die
Außenfassaden sind gegliedert durch Wandvorlagen. Die östliche
Giebelwand trägt einen treppenförmigen Fries unter dem Ortgang und wird
im Giebeldreieck durch ein großes Rundfenster belichtet. Die
zweigeschossig ausgebildeten Seitenfassaden haben segmentbogige
Öffnungen mit kleinteiligen Metallfenstern.